Das Referendariat in Sachsen-Anhalt



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Wir haben für unsere Besucher und vorrangig natürlich für Interessenten bzgl. des Vorbereitungsdienstes in Sachsen-Anhalt eine Übersicht in Form einer *.pdf-Datei zusammengestellt. Diese enthält alle Informationen dieser Seite in Kurzform. Zum Lesen wird ein entsprechendes Programm benötigt.

Die Übersicht kann hier heruntergeladen werden: reflsa.pdf



Das Referendariat - oder auch: der Vorbereitungsdienst - ist für Sachsen-Anhalt maßgeblich in Teil 3, den §§ 33 ff. JAPrVO LSA, geregelt.

Als Referendar wird man in Sachsen-Anhalt in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis angestellt (§ 34 JAPrVO LSA). Man ist demnach kein Beamter, es gelten jedoch im Wesentlichen die für Beamte auf Widerruf geltenden gesetzlichen Vorschriften.

Der Vorbereitungsdienst in Sachsen-Anhalt dauert insgesamt 25 Monate, wovon 24 auf Ausbildung entfallen und im 25. Monat lediglich die mündliche Prüfung abgelegt wird. Einstellungstermine in Sachsen-Anhalt sind der 01.03. und der 01.09. eines jeden Jahres.

Das Grundgehalt des Referendars beträgt derzeit (Stand zum 01.01.2012) 1.000,75 € brutto. Hinzu kommt noch ein Familienzuschlag für diejenigen, welche einer anderen Person unterhaltsverpflichtet sind (Verheiratete, Eltern, ...). Dieser richtet sich nach den aktuellen Zuschlägen nach Beamtenrecht. Eine Pflicht zur Zahlung von Beiträgen zur Rentenversicherung entfällt.



Maßgeblich für die Bewerbung und Einstellung in Sachsen-Anhalt ist die "Verordnung über die Zulassung zum juristischen Vorbereitungsdienst" vom 20. Juli 1994 (GVBl. LSA S. 900), geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 28. Februar 2002 (GVBl. LSA S. 98), durch Nummer 342 der Anlage des Gesetzes vom 19. März 2002 (GVBl. LSA S. 130,160) und durch Verordnung vom 1. Oktober 2003 (GVBl. LSA S. 244).

Bewerbungen sollten bis 6 Wochen vor dem gewünschten Einstellungstermin beim Präsidenten des Oberlandesgerichts Naumburg, Domplatz 10, 06618 Naumburg, vorliegen. Sollte jedoch beispielsweise noch ein Prüfungsteil der Ersten Juristischen Prüfung fehlen wird hiervon üblicherweise eine Ausnahme gemacht, sofern alle anderen Unterlagen rechtzeitig vorliegen und der ausstehende Prüfungsteil bereits terminiert ist, es also absehbar ist, dass der Kandidat die Erste Juristische Prüfung noch rechtzeitig besteht.

Benötigt wird neben den üblichen Unterlagen ein zusätzlicher handschriftlicher Lebenslauf sowie ein Behördenführungszeugnis (Belegtart "O"), welches man selbst nicht zu Gesicht bekommt. Man muss jedoch die erforderlichen 13 Euro bei Beantragung zahlen. Man bekommt dieses bei einer Bürgerservicestelle.

Wenn keine Bedenken gegen die Tauglichkeit eines Kandidaten bestehen, so ist dieser einzustellen (vgl. § 33 JAPrVO: "[...] wird [...] eingestellt."). Solche Bedenken sind beispielsweise begangene Straftaten. Ein weiteres Kriterium, ersichtlich in § 1 der o.g. Zulassungsverordnung sind die zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel bzw. die Anzahl der freien Plätze. Deren Anzahl errechnet sich nach § 3 der Zulassungsverordnung auf eine relativ komplizierte Art und Weise und ist grundsätzlich abhängig von der Anzahl der in Zivilsachen tätigen Richter an Amts- und Landgerichten in Sachsen-Anhalt.

Momentan besteht in Sachsen-Anhalt nach Angabe des OLG Naumburg für eine Einstellung keine Wartezeit.



Der Vorbereitungsdienst in Sachsen-Anhalt gliedert sich in fünf Stationen und beginnt mit vier Monaten Ausbildung bei einem Zivilgericht. Im Anschluss hieran wird man für vier Monate einer Staatsanwaltschaft zugewiesen. Danach folgen vier Monate Verwaltungsstation, neun Monate Anwaltsstation und drei Monate die sog. "Wahlstation". Am Ende jeder Station erhält man ein Stationszeugnis vom Einzelausbilder sowie ein Zeugnis vom Arbeitsgemeinschaftsleiter. Beide enthalten eine "Gesamtnote" unter besonderer Würdigung der erbrachten Leistungen. Diese kann höher sein als der reine Notenschnitt, wenn dies der persönliche und fachliche Eindruck des Referendars rechtfertigt.



Der erste Tag. Die erste Station. Endlich geht es los. Gespannt sitzt man innerhalb einer Gruppe Referendare, von denen man einige kennt, einige nicht. Am ersten Tag wird einem der Ablauf des Referendariats erklärt und man wird zur Verschwiegenheit und für den öffentlichen Dienst verpflichtet. Man spricht einen "Eid" und unterzeichnet diverse Formulare. Außerdem erhält man seine Zuweisung zum Einzelausbilder.

Kur darauf geht es auch schon los mit einer dreiwöchigen "verdichteten Einführungsphase" (ca. 4 x 45 Min. pro Tag) in der man alles über das Schreiben von (zivilgerichtlichen) Urteilen mithilfe der Relationstechnik lernt. Die Umgewöhnung vom Gutachtenstil, den man mehrere Jahre verinnerlichen musste, zum Urteilsstil, beginnt.

Nach der Einführungsphase beginnt die Ausbildung am Arbeitsplatz. In der ersten Station ist diese im Regelfall noch relativ entspannt. Man muss drei bis vier Aktenvorträge halten und diverse schriftliche Leistungen (Urteile, Relation) erbringen. Es gibt jedoch auch Ausbilder, die den Referendaren sehr viel abverlangen. Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass der Arbeitsaufwand am Amtsgericht regelmäßig bedeutend höher ist.

Während des weiteren Verlaufs hat man i.d.R. einmal die Woche einen Tag Arbeitsgemeinschaft (ca. 5 x 45 Min.). Hier werden Fälle besprochen und weiteres prozessuales Wissen gelernt. Hinzu kommen 4 Klausuren, die auf die ersten vier Monate verteilt werden und mindestens ein Aktenvortrag im Rahmen der AG.



Die zweite Station wird in Sachsen-Anhalt ausschließlich bei einer Staatsanwaltschaft abgeleistet. Diese Station wird oftmals auch scherzhaft als "Strafstation" bezeichnet. Nicht zuletzt wohl aufgrund der Tatsache, dass man in Sachsen-Anhalt sehr früh zum Sitzungsdienst eingeteilt wird. Nachdem man sich die letzten vier Monate eingehend mit dem Urteilsstil beschäftigt hat und im Grunde schon nicht mehr weiß, wie man gutachterlich schreibt, darf man sich nun wieder umgewöhnen und strafrechtliche Gutachten verfassen.

Auch diese Station beginnt mit einer zweiwöchigen verdichteten Einführungsphase. Man lernt das Strafprozessrecht sowie die Verfügungstechnik der Staatsanwaltschaft und das Verfassen einer Anklageschrift.

Der Sitzungsdienst (üblicherweise direkt nach der Einführungsphase) wird von den einen geliebt, von den anderen gehasst. Man darf mit einer Robe bekleidet als Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft Verfahren vor dem Strafrichter begleiten. Man verliest die Anklagesätze, befragt Zeugen und hält dann, getreu dem Motto "sicheres Auftreten bei völliger Ahnungslosigkeit", ein flammendes Plädoyer auf Verurteilung zu einer Geldstrafe von 10 Tagessätzen á 8 Euro. Da die einzelnen Staatsanwaltschaften mehreren Gerichten in ihrem Bezirk zugeordnet sind, kommt es sehr häufig vor, dass man auch beispielsweise von Halle (Saale) nach Sangerhausen fahren muss. Die Kosten hierfür werden jedoch erstattet.

Die Einzelausbildung erfolgt dann bei einem Staatsanwalt. Man erhält Akten und soll eine Entscheidung treffen, wie damit verfahren wird. So kommen hier verschiedene Ergebnisse in Betracht; Einstellungsverfügungen, Anklagen, Strafbefehle etc. pp.

Auch in dieser Station hat man nach der verdichteten Einführungsphase einmal pro Woche einen Tag AG. Hinzu kommen je nach Arbeitsgemeinschaftsleiter noch Gruppenveranstaltungen wie der Besuch einer JVA, eines Schießstandes oder einer Leichenöffnung.



Ab der dritten Station können die Referendare ihre Ausbildung maßgeblich mitbeeinflussen. In Sachsen-Anhalt hat man die Möglichkeit, entweder die ersten beiden oder die letzten beiden Monate der Station bei einem Verwaltungsgericht zu verbringen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, ein dreimonatiges Semester an der deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer zu belegen. Jedoch legt man sich damit bereits zu diesem frühen Zeitpunkt für den späteren Wahlbereich "Verwaltung" fest.

Der Ablauf der Station ist im Wesentlichen mit den vorherigen vergleichbar. Man erlernt Verwaltungsprozessrecht und wie man Bescheide erstellt.

Man kann die Station bei jeder Behörde, die mit Aufgaben der allgemeinen Verwaltung betraut ist, ableisten. Wählt man keine solche, wird man automatisch dem Landesverwaltungsamt zugewiesen.



Die vierte Station ist mit neun Monaten die längste. Dies resultiert daraus, dass statistisch gesehen vier von fünf Volljuristen Anwalt werden. Der Bedarf nach einer stärker anwaltlich orientierten Ausbildung war daher groß. In dieser Station wählt man einen Ausbilder, der von der Rechtsanwaltskammer Sachsen-Anhalt im Ausbilderverzeichnis geführt ist. Sollte der Wunschanwalt nicht hierzu zählen, kann er sich relativ problemlos dort eintragen lassen.

Der Ablauf ist auch hier in etwa vergleichbar mit den vorherigen Stationen. Die Arbeit selbst jedoch ist üblicherweise wesentlich spannender und vielseitiger. Im Vordergrund aller Tätigkeiten steht dabei die Überlegung, welcher nächste Schritt am zweckmäßigsten ist. Ab dem 16. Ausbildungsmonat kann man als Referendar sogar als Verteidiger in Strafsachen vor Gericht auftreten (§ 139 StPO).

Im 20. Ausbildungsmonat sieht die Prüfungsordnung die Klausuren vor. An acht Terminen werden die Aufsichtsarbeiten geschrieben. Diese gliedern sich wie folgt: Wer aufmerksam hingesehen hat kann feststellen, dass es also theoretisch möglich ist bis zu 5 Klausuren aus anwaltlicher Sicht lösen zu dürfen/müssen. Im Anschluss an die Klausuren ist man noch eine kurze Zeit weiterhin mit der anwaltlichen Tätigkeit betraut.



Ab dem 22. Ausbildungsmonat beginnt die kürzeste Station der Ausbildung; die sog. Wahlstation. Je nachdem, für welchen Wahlbereich man sich entscheidet, sucht man sich eine dementsprechende Arbeitsstelle aus. Eine Auflistung der einzelnen Wahlbereiche mitsamt der passenden Arbeitsstellen findet sich in § 38 JAPrVO LSA.



Im 25. Monat der Ausbildung findet die mündliche Prüfung statt. Diese besteht aus einem Aktenvortrag mit ca. 10 Minuten Länge, der vorher eine Zeitstunde lang vorbereitet wird. Im Anschluss finden vier Prüfungsgespräche statt (Zivilrecht, Strafrecht, Öffentliches Recht und Wahlbereich).
Wer die Prüfung besteht ist berechtigt die Bezeichnung "Assessor" zu führen und hat den langen, steinigen Weg zum Volljuristen endlich hinter sich. Herzlichen Glückwunsch! :-)